Management-Info - Archiv
Die EU stärkt Verbrauchern den Rücken - mehr Bürokratie für Unternehmen
In Zeiten von Internet und anderer Kommunikationsmittel hat sich auch das Konsumverhalten stark verändert. Alltägliches wie Online-Shopping bzw. Bestellungen über Telefon sind für die Konsumenten auf der einen Seite bequem und praktisch. Auf der anderen Seite lauern hier nicht nur Betrugsgefahren sondern es lassen sich die Kunden auch oftmals dazu verleiten, Gegenstände oder Zusatzartikel zu erwerben, welche sie beim klassischen Shopping in einem Geschäft vermutlich nicht gekauft hätten. Der Versandhandel birgt überdies die Gefahr, dass die Ware zu spät, beschädigt oder gar nicht beim Käufer ankommt.
Die EU hat schon vor ein paar Jahren die sogenannte Verbraucherrechterichtlinie erlassen (RL 2011/83/EU vom 25.10.2011) – in Österreich ist mit 13. Juni 2014 das Verbraucherrechte-Richtlinien-Umsetzungsgesetz in Kraft getreten. Kernpunkte sind viele verschiedene vorvertragliche sowie vertragliche Informationspflichten, welche die Position der Konsumenten stärken sollen. Für die Unternehmen erhöht sich der bürokratische Aufwand und es kann bei Nichteinhaltung sogar zu strengen zivilrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen kommen. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen im Business to Consumer (B2C) Bereich näher dargestellt.
Bedeutende Neuerungen beim Versandhandel
Bisher generell und zukünftig immer noch zwischen Unternehmen gilt, dass die Gefahr beim Versendungskauf grundsätzlich im Zeitpunkt der Absendung auf den Kunden übergeht. Durch die Umsetzung der Richtlinie wird diese Grundregel im B2C Bereich genau umgekehrt. Folglich geht die Gefahr des zufälligen Untergangs bzw. der Beschädigung im Regelfall erst mit der Ablieferung an den Verbraucher bzw. an den Empfangsbevollmächtigten auf diesen über. Überdies wurde auch die Frist für die Bereitstellung der Ware im Versandhandel mit maximal 30 Tagen festgelegt. Dabei ist einerseits für den Verbraucher vorteilhaft, dass auf die typische Verfügbarkeit von Waren solcher Art abzustellen ist und somit auch eine kürzere Leistungsfrist gelten kann. Andererseits und eher den Unternehmer begünstigend kann auch eine längere Leistungsfrist für die Bereitstellung von Waren vereinbart werden.
Unklar definierte Zusatzleistungen können gratis sein
Gerade bei Bestellungen im Internet und oftmals bei Reiseangeboten wird dem Konsumenten im Zuge des Bestellvorgangs nahegelegt, neben der Hauptleistung – beispielsweise einem Flug – auch noch eine Nebenleistung, z.B. in Form einer Reiseversicherung dazuzubuchen. Da hierbei in der Vergangenheit manchmal die genaue Kostenstruktur und somit die Aufteilung zwischen Haupt- und Zusatzleistung unklar waren, sollen nun Zusatzleistungen nur dann verrechnet werden können, wenn der Verbraucher seine ausdrückliche Zustimmung dazu gibt. Keine ausdrückliche Zustimmung ist allerdings dann gegeben, wenn man bei der Buchung einer Flugreise im Internet die vorab automatisch dazu gebuchte Versicherungsleistung wegklicken muss. Es ist daher für Unternehmen geboten, eine möglichst eindeutige Aufklärung über (zusätzliche) Kosten für Extra-Leistungen vorzunehmen, da andernfalls der Verbraucher nichts für die erbrachte Zusatzleistung bezahlen muss. Eine Ausnahme besteht beispielsweise für Verträge i.Z.m. Gesundheitsdienstleistungen oder bei der Vermietung von Wohnraum. In eine ähnliche Richtung geht jene Verschärfung für Unternehmen, welche vorschreibt, dass der Verbraucher bei elektronisch geschlossenen Verträgen ausdrücklich bestätigten muss, dass mit seiner Bestellung eine Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Umkehrschluss der so genannten „Button-Lösung“ ist, dass der Verbraucher dann nicht an seine Erklärung gebunden ist sofern diese Informationspflicht verletzt wurde.
Ausdehnung des Rücktrittsrechts innerhalb der EU
Das Verbraucherrechte-Richtlinien-Umsetzungsgesetz bringt auch eine Ausdehnung des Rücktrittsrechts bei „Außerhalb-Verträgen“ und bei Fernabsetzverträgen (z.B. ein per E-Mail abgeschlossenes Geschäft zwischen Unternehmer und Verbraucher) auf 14 Tage. Diese Rücktrittsfrist verlängert sich um weitere zwölf Monate sofern das Unternehmen seiner Belehrung über das Widerrufsrecht nicht nachgekommen ist. Holt jedoch das Unternehmen seine Informationspflicht nach, so endet die Frist für das Rücktrittsrecht schon 14 Tage danach.
Neugeregelt beim Rücktritt ist auch, dass das Unternehmen grundsätzlich unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen dem Konsumenten die Zahlung inklusive der Lieferkosten für die Rücksendung zu ersetzen hat. Keine Rückerstattung gibt es allerdings für Mehrkosten, die durch eine vom Verbraucher gewünschte Expresslieferung bedingt sind. Die Kosten für die Rücksendung sind auch dann vom Konsumenten zu bezahlen, wenn er vorher darüber unterrichtet wurde. Im Falle des erfolgreichen Rücktritts vom Vertrag muss dem Verbraucher dasselbe Zahlungsmittel rückerstattet werden, welches beim Kauf aufgewendet wurde – es ist also nicht ausreichend, den Kaufpreis in Gutscheinen zu erstatten wenn der Kunde beim Kauf mit Geld bezahlt hat.
Bild: © Paul Bodea - Fotolia
© BHM Wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft | Klienten-Info