Sehr geehrte Klientinnen und Klienten!
Das Parlament hat im Konjunkturstärkungsgesetz 2020 – KonStG 2020 die befristete Möglichkeit eines Verlustrücktrages geschaffen. Im Gesetz wurde dem Bundesminister für Finanzen die Ermächtigung erteilt, eine Verordnung mit näheren Details zu erlassen. Nunmehr liegt ein Begutachtungsentwurf zu einer COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung vor. Hiermit geben wir Ihnen zum leichteren Verständnis einen kurzen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen und ihr doch nicht so einfaches Zusammenwirken.
Aufbau der Verordnung
Die Verordnung besteht im Wesentlichen aus 3 Teilen:
- Die COVID-19-Rücklage im Jahr 2019 mit Nachversteuerung 2020;
- Die rückwirkende Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019;
- Den Verlustrücktrag des Verlustes 2020 in das Jahr 2019 und evtl. 2018.
1. Covid-19-Rücklage
1.1 Grundlegendes
Grundsätzlich können auf Antrag voraussichtliche betriebliche Verluste des Jahres 2020 bereits im Rahmen der Veranlagung 2019 durch einen besonderen Abzugsposten, die COVID-19-Rücklage berücksichtigt werden.
Der Abzug der COVID-19-Rücklage in der Veranlagung 2019 erfolgt vom Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte. Als Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte gilt hierbei der Saldo der veranlagungspflichtigen Gewinne und Verluste; dabei bleiben Einkünfte, die mittels Vollpauschalierung ermittelt werden, außer Ansatz. Auch andere nicht veranlagungspflichtige Einkünfte, bspw. aus Auslandseinkünften, sind nicht zu berücksichtigen.
Die Bildung der COVID-19-Rücklage steht sowohl nach § 4 Abs. 1 EstG (Bilanzierern) als auch nach § 4 Absatz 3 EStG 1988 (Einnahmen-Ausgaben-Rechnern ) zu.
Durch den eigenen Abzugsposten außerhalb der einzelnen Einkünfte bzw. Einkunftsarten bleibt die Höhe der einzelnen Einkünfte unverändert, daher hat die Rücklage insbesondere keine Auswirkungen auf den Gewinnfreibetrag, die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge und auf das Feststellungsverfahren von Mitunternehmerschaften. Bei Gesellschaften, deren Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, ist die COVID-19-Rücklage im Rahmen der Veranlagung der einzelnen Mitunternehmer zu beantragen.
1.2 Vereinfachter Antrag für bis zu 30 % steuerfrei
Die Rücklage beträgt bis zu 30 % des positiven Gesamtbetrages der betrieblichen Einkünfte 2019 (maximal jedoch EUR 5 Mio.), wenn zwar (geringe) Verluste im Jahr 2020 erwartet, aber deren voraussichtliche Höhe nicht nachgewiesen wird.
Voraussetzung für diesen vereinfachten Antrag ist weiters, dass die Vorauszahlungen 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie für 2020 auf Null (bzw. auf Höhe der Mindestkörperschaftsteuer) herabgesetzt wurden.
Bitte beachten Sie, dass Herabsetzungsanträge für die Vorauszahlungen 2020 derzeit bis spätestens 31. Oktober 2020 zu stellen sind.
1.3 Umfassender Antrag für bis zu 60 % steuerfrei
Die Rücklage beträgt bis zu 60 % des positiven Gesamtbetrages der betrieblichen Einkünfte 2019, wenn die zu erwartenden Verluste 2020 durch entsprechende vorzulegende Berechnungen glaubhaft gemacht werden, höchstens jedoch
- die berechneten voraussichtlichen Verluste 2020
- EUR 5 Mio.
1.4 Antrag auf COVID-19-Rücklage trotz Veranlagung 2019
Wurde das Jahr 2019 bereits rechtskräftig betreffend Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer veranlagt, gilt der Antrag zur Bildung einer COVID-19-Rücklage als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO, sodass eine neuerliche Veranlagung 2019 vorgenommen werden kann.
1.5 Auflösung der COVID-19-Rücklage im Jahr 2020
Im Jahre 2020 erfolgt „automatisch“ in einem eigenen Posten außerhalb der betrieblichen Einkünfte die Auflösung und damit Hinzurechnung der Rücklage aus der Veranlagung 2019, ohne irgendeinen Zuschlag. Wie bei der Bildung hat auch die Auflösung keine Auswirkungen insbesondere auf den Gewinnfreibetrag und die Sozialversicherung.
Sollte nach Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage im Jahr 2020 ein betrieblicher Verlust verbleiben, so kann dieser in das Jahr 2019 bzw. 2018 rückgetragen werden (siehe unten).
Es ist darauf zu achten, dass die COVID-19-Rücklage dann 2020 hinzugerechnet werden muss, dadurch kann sich eventuell für andere Einkunftsarten eine höhere Progression ergeben.
1.6 COVID-19-Rücklage und Unternehmensgruppen
Bei Unternehmensgruppen darf die COVID-19-Rücklage nur durch den Gruppenträger gebildet werden, wobei sich diese auf das zusammengefasste Gruppenergebnis bezieht. Auch die Deckelung mit 30 % bzw. 60 % bezieht sich auf das zusammengefasste Gruppenergebnis. Der gruppenbezogene Höchstbetrag ergibt sich aus der Anzahl der unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder und dem Gruppenträger. Dabei ist für jedes Gruppenmitglied sowie für den Gruppenträger je ein Betrag von EUR 5 Mio. zu berücksichtigen.
1.7 Abweichendes Wirtschaftsjahr
Für den Fall, dass im Kalenderjahr 2020 beim Antragsberechtigten ein abweichendes Wirtschaftsjahr enden sollte, besteht das Wahlrecht, die COVID-19-Rücklage vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2020 oder vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2021 zu bemessen.
Dieses Wahlrecht bei abweichendem Wirtschaftsjahr ist ein ausschließliches Wahlrecht. Es ist daher individuell anhand der Geschäftsentwicklung zu entscheiden, ob die COVID-19-Rücklage
- entweder für das Wirtschaftsjahr 2018/2019
- oder für das Wirtschaftsjahr 2019/2020
gebildet wird.
2. Rückwirkende Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019
Sind die Voraussetzungen für die Bildung einer COVID-19-Rücklage im Rahmen der Veranlagung 2019 grundsätzlich gegeben, so kann zusätzlich vor Abgabe der Steuererklärung für 2019 beantragt werden, die Vorauszahlungen an Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für das Jahr 2019 nachträglich auf die voraussichtliche Höhe des Steuerbescheides herabzusetzen. Bei der Berechnung kann eine COVID-19-Rücklage schon abgezogen werden.
Damit kommt man zutreffendenfalls noch schneller an Liquidität.
Der Betrag der Herabsetzung ist dem Finanzamt mittels geeigneter Nachweise glaubhaft zu machen.
3. Verlustrücktrag
3.1 Grundsätzliches
Auf Antrag kann im Rahmen der Einkommensteuer und auch der Körperschaftsteuer ein sich aus der Veranlagung 2020 ergebender Verlust aus betrieblichen Einkünften, der an und für sich in das Jahr 2021 vorgetragen wird, mit positiven Einkünften des Jahres 2019, und darüber hinaus unter bestimmten Voraussetzungen mit positiven Einkünften des Jahres 2018 verrechnet werden. Nicht rückgetragene Verluste gehen nach den üblichen Regeln in den steuerlichen Verlustvortrag ein.
3.2 Verlustrücktrag ins Jahr 2019
Die nach Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage verbleibenden betrieblichen Verluste des Jahres 2020 können auf Antrag bis zur Höhe von maximal EUR 5 Mio. in das Jahr 2019 rückgetragen werden. Die bei den Verlustvorträgen bekannte 75%ige Verrechnungsgrenze gilt nicht für den Verlustrücktrag.
3.2 Verlustrücktrag ins Jahr 2018 bzw. Vortrag ins Jahr 2021
Verluste aus 2020, die innerhalb des Höchstbetrages von 5 Mio bei der Veranlagung 2019 nicht abgezogen werden konnten, können auf Antrag im Ausmaß von nur bis zu EUR 2 Mio. ins Jahr 2018 zurückgetragen werden.
Nicht über den Verlustrücktrag ins Jahr 2019 und 2018 berücksichtigte Verluste aus dem Jahr 2020 sind ab 2021 im Rahmen der üblichen Regelungen vortragsfähig bzw. abzugsfähig.
3.3 Abweichendes Wirtschaftsjahr
Wenn im Jahr 2020 ein abweichendes Wirtschaftsjahr zB mit dem Bilanzstichtag 30.06.2020 endet, besteht das Wahlrecht, entweder einen betrieblichen Verlust aus der Veranlagung 2020 oder einen Verlust aus der Veranlagung 2021 – in diesem Fall auf die Jahre 2020 und 2019 – rückzutragen.
3.4 Kein Übergang des Verlustrücktrags
Sowohl der Verlustvortrag als auch der Verlustrücktrag sind ein höchstpersönliches Recht und können nur bei demselben Steuerpflichtigen erfolgen. Persönlich rücktragsberechtigt ist daher grundsätzlich nur jene Person, die den Verlust erlitten hat.
Eine Ausnahme dazu besteht nur im Rahmen einer unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen auf den Erben, der den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernommen hat.
Eine steuersubjektübergreifende Übertragung des Verlustrücktrages im Rahmen von Umgründungen ist nicht möglich.
3.5 Verlustrücktrag und Unternehmensgruppen
Für Unternehmensgruppen gilt folgendes:
- Der Verlustrücktrag kann nur vom Gruppenträger beantragt werden. Körperschaften, deren Einkommen in der Veranlagung 2019 oder 2018 im Rahmen der Gruppenbesteuerung zugerechnet wurden, können selbst keinen Verlustrücktrag beantragen
- Bei Durchführung des Verlustrücktrags durch den Gruppenträger ist anstelle des Gesamtbetrags der Einkünfte jeweils das Gruppeneinkommen (§ 24a Abs. 3) vor Berücksichtigung von Sonderausgaben auf das zusammengefasste Ergebnis (§ 9 Abs. 6 Z 2 zweiter Satz) maßgeblich
- Der für den Verlustrücktrag in der Veranlagung 2019 oder 2018 durch den Gruppenträger insgesamt zulässige Höchstbetrag beträgt 5 000 000 Euro für den Gruppenträger und 5 000 000 Euro für jedes unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglied, dessen Einkommen bei der jeweiligen Veranlagung dem Gruppenträger zugerechnet wurde.
Bleiben Sie gesund
Ihr BHM Team