Hausdurchsuchungen können grundsätzlich in den Räumlichkeiten von Unternehmen oder bei Berufsgeheimnisträgern (Steuerberater, Rechtsanwälte) durchgeführt werden und den Geheimnisschutz verletzen. Welche Auswirkungen hat dies im Strafrecht bzw. Finanzstrafrecht?
Im § 80 (1) WTBG 2017 (§ 9 RAO sieht eine ähnliche Regelung vor) wird geregelt:
(1) Berufsberechtigte sind zur Verschwiegenheit über die ihnen anvertrauten Angelegenheiten verpflichtet. Für diese Verschwiegenheitspflicht ist es ohne Bedeutung, ob die Kenntnis dieser Umstände und Tatsachen auch anderen Personen zugänglich ist oder nicht.
(2) Die Verschwiegenheitspflicht der Berufsberechtigten erstreckt sich auch auf persönliche Um-stände und Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen bei Durchführung erteilter Aufträge oder im Zuge eines behördlichen, nicht öffentlichen Verfahrens in Ausübung ihres Berufes als solche bekanntgeworden sind.
Das Verschwiegenheitsrecht wird auch durch § 157 StPO bzw. § 104 Abs. 1 lit. d FinStG geregelt und gibt Wirtschaftstreuhändern und Rechtsanwälten das Aussageverweigerungsrecht. Dieses Recht ist ein höchstpersönliches Recht von dem jeder Berufsbefugte (auch nach Entbindung durch den Klienten) Gebrauch machen kann. Im § 157 Abs. 2 StPO wir hierzu auch ein Umgehungsverbot zum Schutz dieses Aussageverweigerungsrechts normiert: „Dieses Recht darf bei sonstiger Nichtigkeit auch nicht dadurch umgangen werden, in dem Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherten Informationen sichergestellt und beschlagnahmt werden. Dies gilt ebenso für Unterlagen und Informationen, die sich in der Verfügungsmacht des Beschuldigten oder eines Mitbeschuldigten befinden und zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten durch einen Wirtschaftstreuhänder oder Rechtsanwalt erstellt wurden“.
Wird nunmehr eine Hausdurchsuchung in der Kanzleiräumlichkeiten durchgeführt, kann der Berufsberechtigte Widerspruch zu Protokoll geben, die beschlagnahmten Unterlagen (Akte, CDs, Emails, etc) versiegeln lassen und nachfolgend eine Aussonderung bei Gericht beantragen. Hierdurch kann daher die vertrauliche Korrespondenz mit dem Klienten geschützt werden.
Im Falle der Hausdurchsuchung beim Klienten ist die Sache leider durch eine Entscheidung des OLG Wien (17 Bs 27/18x vom 14.9.2018) nicht mehr so einfach bzw. wurde hier massiv in dieses Recht eingegriffen. In diesem Falle wurden vertrauliche Unterlagen und Korrespondenz zwischen Klienten und Berufsberichtigen (Emails, Briefe) trotzdem als Beweise im Verfahren zu gelassen. Hintergrund ist, dass sich die Unterlagen nicht mehr in der Verfügungsgewalt des Berufsgeheimnisträgers befanden und dieser daher nicht mehr dem oben genannten Schutz unterliegen.
Sollte sich diese Vorgehensweise in der Praxis durchsetzen, wäre jede Korrespondenz an die Klienten mit vertraulichen Inhalten nicht mehr geschützt, sobald das Schriftstück unsere Räumlichkeiten verlässt.
Die Auslegung des Urteils zufolge müssten wir Berufsgeheimnisträger uns bei unseren Klienten einmieten und bei einer Hausdurchsuchung selbst den Widerspruch zu Protokoll geben. Nur dann wäre gemäß der Ansicht des OLG eine Versiegelung samt Sichtungsverfahren möglich. Abschließend ist daher festzuhalten, dass vertrauliche Inhalte in Zukunft wohl besser ausschließlich mündlich besprochen werden, Korrespondenz an die Klienten nicht mehr versendet werden darf und die Aktenvermerke hierüber ausschließlich in der Verfügungsmacht des Berufsgeheimnisträgers sein dürfen.